Was lehrt Herr Yilmaz?
"Ein Signal der Zusammenarbeit deutscher und türkischer Wissenschaft" setzen, möchte die
Ruhr-Universität Bochum (RUB) mit der Einladung des ehemaligen Ministerpräsidenten der
Türkei, Mesut Yilmaz, als Gastprofessor für das Sommersemester 2003. Mit der für diesen Zweck
ausgewählten Person wird dieses "Zeichen" allerdings recht fragwürdig. Mesut Yilmaz war
in den 1990er Jahren dreimal Ministerpräsident der Türkei, ist politisch mitverantwortlich
für den ausgeweiteten Krieg gegen die kurdische Bevölkerung und hat sich explizit für die
Fortsetzung dieses schmutzigen Krieges ausgesprochen, dessen Praxis von Folter, Mord und
Menschenrechtsverletzungen hinlänglich bekannt und schon mehrfach vom Menschenrechtsgerichtshof in
Straßburg verurteilt worden sind. Wegen des Verdachts der Zusammenarbeit mit dem organisierten
Verbrechen musste Yilmaz 1998 vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten. Man fragt sich, warum
die "deutsche Wissenschaft" sich ausgerechnet so einen Exponenten zur Zusammenarbeit aussucht und
was der die Studierenden der RUB lehren soll. Geholfen haben sicher die Kontakte zu seinem Studienfreund,
dem Bochumer Gastprofessor Dr. Jürgen Gramke, der in Düsseldorf ein privates "Institute for
European Affairs" betreibt und Yilmaz' Auftritte organisiert.
Mittlerweile haben sich mehrere hundert Organisationen und Einzelpersonen aus dem Raum Bochum,
Menschenrechtsgruppen und viele Angehörige der RUB gegen eine weitere Tätigkeit von Yilmaz
ausgesprochen. Bei seinen Auftritten gibt es regelmäßig Proteste, aber das ficht die Leitung der
RUB wenig an. Man sehe das "gelassen - Proteste gehören dazu, die Ruhr-Universität Bochum
versteht sich als Ort der wissenschaftlichen Diskussion", so der Pressesprecher. So ist denn auch
ungeachtet aller Proteste und Zweifel an der Person Yilmaz einer Fortsetzung seiner
"Lehrtätigkeit" für das Wintersemester 2003/2004 geplant. Nicht dass gegen das Vorhaben
des interkulturellen Dialogs irgendetwas einzuwenden wäre, aber es ist doch sehr bedauerlich, dass die
RUB sich für diesen Zweck nicht für eineN der zahlreichen türkischen Intellektuellen
entscheiden konnte, die möglicherweise mehr zur europäischen Integration beizutragen haben als das
Agieren mit Mitteln der Folter, der Krieges und der Korruption. Das sind ja nun nicht gerade die Gebiete,
auf denen Europa Nachholbedarf hat und in denen demzufolge die Studierenden ausgebildet werden
müssen.