IMK Wocheninformationsdienst 20. Mai - 15. Juni 2003, Nr.192-193, S.7

 

Garipoglu beschuldigt Yilmaz der Korruption vor dem Untersuchungsausschuss

Der frühere Eigentümer der Sumerbank, Hayyam Garipoglu, sagte als Zeuge vor der parlamentarischen Untersuchungskommission zu den Anschuldigungen, dass er vom ehemaligen Führer der Mutterlandspartei (ANAP) und Expremierminister Mesut Yilmaz und seinem Team wegen Nichtbeachtung ihrer Warnungen und seiner höchsten Gebote während der Privatisierung des staatseigenen Riesenkonzerns für Raffinerieprodukte POAS bestraft wurde.
(Quelle: TDN, 10.06.2003)

 

Yilmaz ausladen - gegen die Gastprofessur für Mesut Yilmaz!

Seit dem 14. Mai diesen Jahres hält der ehemalige türkische Ministerpräsident Mesut Yilmaz in Bochum Veranstaltungen zu Themen wie „Die Türkei und Europa“ und „Politische Entwicklungen im Mittelmeerraum“ ab - im Rahmen einer zweisemestrigen Gastprofessur der Fakultät für Sozial-wissenschaft an der Ruhr-Universität. Yilmaz, zwischen 1991 und 1998 mit Unterbrechungen dreimal Ministerpräsident der Türkei und anschließend Stellvertreter des neuen Ministerpräsidenten Ecevit, war verstrickt in Menschenrechtsverletzungen, Folter und das organisierte Verbrechen.

Während die Fakultät „die einzigartige Chance […] eines hervorragenden Experten für die Schlüsselfrage der internationalen Politik in Europa, nämlich die Beziehungen zur Türkei und zum Mittelmeerraum, zu gewinnen,“ sieht, so die Dekanin Prof. Dr. Ilse Lenz, fordern wir seine sofortige Ausladung, da es außer Frage steht, dass Yilmaz eine Mitschuld für die während seiner Amtszeit als Ministerpräsident begangenen Verbrechen trifft. In seiner Regierungszeit wurden ca. 3.500 kurdische Dörfer zerstört, etwa 5 Millionen KurdInnen vertrieben sowie 60.000 politische Gefangene interniert, viele vergewaltigt, gefoltert. Hunderte Intellektuelle und WissenschaftlerInnen wurden verhaftet, die Presse- und Meinungsfreiheit stark eingeschränkt - allein während der neunziger Jahre verloren 30.000 Menschen ihr Leben im Krieg des türkischen Militärs gegen die Bevölkerung in den kurdischen Provinzen der Türkei, Unzählige wurden verletzt. Hierfür trägt Mesut Yilmaz zumindest eine politische und moralische Verantwortung.
Die politische Verantwortung von Mesut Yilmaz für diese Verbrechen ist unstrittig, noch im März 1996 bekannte er sich in einer Regierungserklärung ausdrücklich zur Fortsetzung des Krieges gegen die Kurden. In seiner Amtszeit fanden zudem zahlreiche Prozesse und ungeklärte Attentate gegen Men-schenrechtsaktivistInnen statt. Stellvertretend sei hier nur der Prozess gegen den Menschenrechtsak-tivisten und Vorsitzenden des türkischen Menschenrechtsvereins IHD, Akin Birdal, genannt, der kurz nach einem auf ihn verübten Attentat, welches er schwerverletzt überlebte, in Haft genommen und zu einer hohen Strafe verurteilt wurde. Yilmaz, der zum Zeitpunkt der Festnahme Birdals noch Vize-ministerpräsident war, war am Tag der Verurteilung gegen Birdal bereits Ministerpräsident der Türkei. Dies ist auch vielen PolitikerInnen und WissenschaftlerInnen bekannt. So wurden bereits zahlreiche Protestbriefe an den Rektor und die Dekanin der Sowi-Fakultät gesendet. Ein vom Bündnis für Menschenrechte an der RUB verfasster Aufruf, in dem die Sowi-Fakultät und die Unileitung dazu aufgefordert werden, Yilmaz auszuladen, wird bisher täglich von vielen Menschen aus Politik und Wissenschaft unterzeichnet.
Unserer Ansicht nach verbietet sich die Verleihung einer Gastprofessur an Mesut Yilmaz aufgrund seiner Mitverantwortung für schwerste Menschenrechtsverbrechen. Die Anforderung der moralischen Integrität, welche jede/r Gastprofessor/in auch in den Augen der sozialwissenschaftlichen Fakultät genügen sollte, kann im Fall Yilmaz nicht angenommen werden. Schon der „offene Dialog“ mit ihm muss in den Ohren der Folteropfer und ihrer Angehörigen mehr als zynisch klingen; seine Ehrung durch eine zweisemestrige Gastprofessur aber zeugt von einem schwer gestörten moralischen Urteilsvermögen der Universitätsleitung.
Aus diesem Grund werden wir die Auftritte Mesut Yilmaz zum Anlass nehmen für unseren Protest. Wir rufen alle Menschen - gleich ob StudentInnen, WissenschaftlerInnen oder Nicht-Universitäre - auf, sich an Aktionen gegen die Vorträge von Mesut Yilmaz zu beteiligen und zudem bei Universitätsleitung und der Fakultät für Sozialwissenschaft gegen seine Einladung zu protestieren!

Bündnis für Menschenrechte an der RUB (Fachschaftsrat Sozialwissenschaft der Ruhr Universität Bochum, AStA der Ruhr-Universität Bochum, Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum e.V., Kurdistan AG, IMK e.V. Bonn, Promondial - Organisation für emanzipatorische Zusammenarbeit, Eine Welt Forum Bochum, Nord-Süd Büro im Bahnhof Langendreer, Christliche Friedensgruppe Höntrop, Attac Bochum, Attac Hochschulgruppe der RUB, Bochumer Friedensplenum, Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen)
(Aufruf, 15.06.03)