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03.04.2009, Europa, ECCHR

Center for Constitutional Rights (CCR)
International Federation for Human Rights (FIDH)
European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR)
Appeal for Justice
National Litigation Project, Allard K. Lowenstein International Human Rights Clinic of Yale Law School (NLP)

Menschenrechtsorganisationen legen Beschwerde bei den UN-Sonderberichterstattern gegen den NATO-Oberbefehlshaber General John Craddock wegen Zwangsernährung in Guantánamo 2004-2006 ein


New York, Berlin, Paris, 3. April 2009 – Das Center for Constitutional Rights (CCR), die Fédération Internationale des Ligues des Droits de l'Homme (FIDH), das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), Appeal for Justice sowie die Allard K. Lowenstein International Human Rights Law Clinic an der Yale Law School haben gestern eine formelle Beschwerde (communication) an drei Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen, den Sonderberichterstatter gegen Folter; den Sonderberichterstatter für das Recht auf Gesundheit sowie den Sonderberichterstatter für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte bei der Bekämpfung des Terrorismus eingereicht.

Die Beschwerde richtet sich namentlich gegen den derzeitigen NATO-Oberbefehlshaber für Europa, den US-amerikanischen Militärgeneral Bantz John Craddock in seiner Funktion als ehemaliger Kommandant der U.S. Southern Command (USSOUTHCOM) in der Zeit vom November 2004 bis Oktober 2006. Kürzlich nominierte Präsident Obama einen Nachfolger für Craddock, dessen Bestätigung für das Amt noch aussteht.

Während der Ausübung seines Dienstes als USSOUTHCOM-Commander beaufsichtigte General Craddock das Gefangenlager in Guantánamo, wo Folter, andauernde Willkürhafthaft und andere Misshandlungen stattfanden. Insbesondere bewilligte Craddock als befehlshabender General die unrechtmäßige und unethische Methode der Zwangsernährung von Gefangenen, die in den Hungerstreik getreten sind.

Die Beschwerde wurde im Anschluss an eine gemeinsame Konferenz des CCR, FIDH und ECCHR über die menschenrechtlichen Verpflichtungen der NATO anlässlich des beginnenden NATO-Gipfels zum 60. Jubiläum des Bündnisses eingereicht. Die Menschenrechtsorganisationen CCR, FIDH und ECCHR finden es zutiefst beunruhigend, dass die NATO einen Mann an ihre militärische Spitze gestellt hat, der sich zuvor Menschenrechtsverletzungen zu Schulden hat kommen lassen, die von der ganzen Welt geächtet wurden. Dies veranschaulicht, dass die NATO es nach wie vor nicht geschafft hat, sich von den unrechtmäßigen Praktiken und Methoden des von den USA angeführten sogenannten „Krieges gegen den Terrorismus“ loszusagen.

Gefangene, die in den Hungerstreik getreten sind, um gegen ihre missbräuchliche Verhaftung und die Verweigerung von jeglichen Rechten in Guantánamo zu protestieren, werden nach wie vor brutal, durch ungewöhnlich große Nasenschläuche, zwangsernährt. Dabei werden sie an einen Sechs-Punkte-Zwangsstuhl festgeschnallt. Im Jahre 2006 berichtete General Craddock, dass diese Methode eine wirksame Abschreckung gegen Hungerstreiks sei. Er ging sogar soweit darüber zu scherzen, dass sich die Hungerstreikenden ja die Geschmacksrichtung der Hustenbonbons aussuchen könnten, die benutzt werden, um die durch die Schläuche verursachte Reizung zu lindern. (Quelle: Adam Zagorin, At Guantanamo, Dying is not Permitted, Time Magazine vom 30. Juni 2006)

Die brutale Zwangsernährung von Guantánamo-Häftlingen stellt Folter oder zumindest eine grausame, unmenschliche oder entwürdigende Behandlung dar. 2007 entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dass „wiederholte Zwangsernährung ohne medizinische Indikation, mit dem Ziel den [Kläger] zur Aufgabe seines Protestes zu zwingen, die so durchgeführt wird, dass er unnötigen Schmerzen und Demütigungen ausgesetzt wird, nur als Folter bewertet werden kann.“ (Ciorap v. Moldova)

Die Menschenrechtsorganisationen CCR, FIDH, ECCHR, der Appeal for Justice und das NLP fordern die Sonderberichterstatter auf, „das US-Justizministerium zu ersuchen, dass unverzüglich unabhängige Ermittlungen im Hinblick auf eine Verantwortlichkeit General $Craddocks für die vorgeworfenen Straftaten eingeleitet werden“. Aufgrund der Tatsache, dass „die Obama-Administration weiterhin die unrechtmäßigen und unethischen Zwangsernährungsmaßnahmen der Bush-Administration gegenüber fünfzig Männern, die friedlich gegen ihre Gefangenschaft und Haftbedingungen - mit dem ihnen einzig zur Verfügung stehendem Mittel, ihrem eigenen Körper - protestieren, fortsetzt“, fordern die Beschwerdeführer in ihrem Beschwerdeschreiben des weiteren, dass die Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen „einen dringenden Aufruf an die Obama- Administration richten, in dem diese aufgefordert wird, durch schnelle Maßnahmen die Methoden im Umgang mit Hungerstreikenden mit Gesetz und Moral in Einklang zu bringen.“

Auch wenn die Nachfolge für General Craddock bei der NATO bereits durch die Obama- Administration angekündigt wurde, weisen die an der Beschwerde beteiligten Organisationen darauf hin, dass der Kommandant, der ihn ersetzen soll, US-Admiral James Stavridis, der gegenwärtige USSOUTHCOM-Commander ist. Dieser habe Craddock 2006 in dessen Amt abgelöst. In dieser Funktion übt er derzeit die Befehlsgewalt über Guantánamo aus und ist deshalb für den andauernden Einsatz dieser rechtswidrigen Zwangsernährungsmethode in Guantánamo verantwortlich.

Presse-Kontakt:
ECCHR: Wolfgang Kaleck, +49 (0) 171 33 50 649
CCR: Jen Nessel, + 1 212-614-6449
FIDH: Gaël Grilhot, + 33-1 43 55 90 19 oder +33-6 72 284 294
Appeal for Justice: David Remes, Legal Director + 1 202-669-6508
NLD: Ramzi Kassem, + 1 203-432-0138; Fax: + 1 203-432-1222

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