Im Rahmen der Kampagne Gerechtigkeit heilt hat die Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum von November 2004 bis Dezember 2006 ein umfangreiches Forschungsprojekt durchgeführt, das den internationalen Kampf gegen die Straflosigkeit von Menschenrechtsverbrechen systematisch untersuchte.
Die Ergebnisse dieses Projektes werden voraussichtlich im Frühjahr 2008 in Buchform erscheinen. Sie werden zugleich in ausführliche Länderberichte eingehen, die innerhalb der Kampagne "Gerechtigkeit heilt" auf dieser Website veröffentlicht werden sollen.
Ziel des Projektes war es, mit der Publikation einer Vergleichsstudie den Austausch von Erfahrungen und die Vernetzung
von Menschenrechtsorganisationen und Einzelpersonen im Kampf gegen Straflosigkeit zu
unterstützen, die Möglichkeit von Prävention gegen Menschenrechtsverletzungen zu
verstärken und zivilgesellschaftliche Strukturen in den betroffenen Ländern zu
fördern.
Von den Erfahrungen anderer zu lernen, bedeutet konkret beispielsweise, Strategien kennenzulernen,
mit denen Amnestieregelungen umgangen werden können, und somit zukünftige Anklagen
effektiver einleiten zu können.
Ein zusätzliches Ziel
bestand darin, erstmals länderübergreifend die Hypothese zu betrachten, dass die
Erfahrung von Gerechtigkeit sich positiv auf die psychosoziale Befindlichkeit von Überlebenden
auswirke. Bislang geben Berichte darauf deutliche Hinweise, doch ihre vergleichende – und
wissenschaftlich wie therapeutisch anschlussfähige – Prüfung steht bisher noch
aus.
Aufgaben des Projektes waren somit
1.
die systematische Erfassung von derzeitigen Aktivitäten im internationalen Kampf gegen die
Straflosigkeit von Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dabei standen die Strategien dieses Kampfes
und ihre bisherigen Erfolge im Mittelpunkt.
Beispielhaft wurden dafür die Länder Chile, Argentinien, Guatemala, El Salvador, Mexiko,
Südafrika, Ruanda, Sierra Leone, Kongo, Algerien, Türkei, Kambodscha, Osttimor und
Ex-Jugoslawien untersucht.
2.
Informationen aus den genannten Ländern zu der Frage zu sammeln, in welchem Umfang sich die
strafrechtliche Aufarbeitung von Menschenrechtsverbrechen tatsächlich leidensmindernd und
reintegrierend auf die psychosoziale Befindlichkeit der Überlebenden auswirkt.
3.
die Ergebnisse dieser Arbeit in einer Vergleichsstudie zugänglich zu machen, die über die
unterschiedlichen Formen und Verläufe der rechtlichen und gesellschaftlichen Aufarbeitung von
Verbrechen gegen die Menschlichkeit Aufschluss geben wird.
In den ausgewählten Ländern kamen beispielsweise Wahrheitskommissionen, Tribunale,
Entschädigungsleistungen und andere Rehabilitationsmaßnahmen sehr unterschiedlich zum
Einsatz. Die Studie hat daher versucht, Erfolg und Misserfolg von diesen Strategien zu analysieren
und vergleichend kritisch zu werten.
Internationaler Kongress
Zudem veranstaltete das Projektteam einen internationalen Kongress, der vom 14. bis
16. Oktober 2005 mit Referentinnen und Referenten von Nichtregierungsorganisationen aus rund 15
Ländern Asiens, Afrikas, Lateinamerikas und Europas in Bochum stattfand. Er hat die Ergebnisse
der Studie vervollständigt und den internationalen Austausch von Erfahrungen im Kampf
gegen Straflosigkeit angeregt. Die
Dokumentation des Kongresses ist online nachzulesen.
Zugleich begründet dieser Kongreß das neue Projekt der Medizinischen Flüchtlingshilfe Bochum mit: ein Büro zu etablieren, das den internationalen Kampf gegen die Straflosigkeit von Verbrechen gegen die Menschheit koordinieren hilft.
Seit März 2007 hat das Büro diese Arbeit aufgenommen.
Gefördert durch
Nordrhein-Westfälische Stiftung für Umwelt und Entwicklung
Projektleitung
Bianca Schmolze Bianca Schmolze
ist Dipl. Betriebswirtin (FH) und seit 2002 Mitarbeiterin der Medizinischen
Flüchtlingshilfe Bochum. Nachdem sie zunächst für Fundraising zuständig war,
leitet sie nun seit November 2004 das Projekt "Kampf gegen Straflosigkeit".
Bis 2002 engagierte sich Bianca Schmolze bei ATTAC und im Friedensplenum Bochum; zur Zeit ist
sie Ratsmitglied für die Offene Liste der PDS in Bochum.
Tel.: +49-(0)234-9041380
Fax: +49-(0)234-9041381
(Montag, Dienstag und Donnerstag, 10.00 bis 18.00 Uhr)
Mitarbeit/Koautoren
Ali alNasani Ali alNasani
war von Nov. 2004 bis Juli 2005 Mitarbeiter des Projekts.
Annette Fingscheidt Annette Fingscheidt
war von August 2005 bis April 2006 Mitarbeiterin des Projektes.
Sie ist Sozialanthropologin (Universität Tromsø, Norwegen), seit 15 Jahren ehren-
und hauptamtlich im Menschenrechtsbereich engagiert und hat hauptsächlich zu und auch in
Lateinamerika gearbeitet. So verbrachte sie ein Jahr bei Angehörigen von "Verschwundenen"
in Chile und war zwei Jahre lang als freiwillige Begleiterin für die Peace Brigades
International in Kolumbien tätig. Während der letzten drei Jahre war sie als
Lateinamerika-Verantwortliche des Referats Menschenrechte im Diakonischen Werk der EKD
beschäftigt.
Zurzeit arbeitet sie zusätzlich ehrenamtlich bei der "Koalition gegen Straflosigkeit in
Argentinien".
Boris Kanzleiter Boris Kanzleiter
ist seit 2003 Doktorand an der FU-Berlin Osteuropainstitut (OEI) und Stipendiat der Hans
Böckler Stiftung; Forschungsschwerpunkt: Studentische Proteste in der Sozialistischen
Föderativen Republik Jugoslawien (SFRJ) 1966-1975. Boris Kanzleiter studierte von 1991 bis
1999 an der FU-Berlin Geschichte, Germanistik und Altamerikanistik unterbrochen von einem
Studienjahr 1993/94 an der Escuela Nacional de Antropologia e Historia in Mexiko-Stadt. Seit
1994 ist er als Journalist für verschiedene Medien (u.a. Jungle World, Berliner Zeitung,
FR, taz, DeutschlandRadio, Fernsehen der Schweiz) tätig und seit 1996 außerdem in der
politischen Bildungsarbeit des Bildungswerk Berlin der Heinrich Böll Stiftung. Letzte
Buchveröffentlichung: Boris Kanzleiter/Dario Azzellini (Hg.): Das Unternehmen Krieg.
Paramilitärs, Warlords und Privatarmeen als Akteure der Neuen Kriegsordnung, Berlin 2003
(2. Auflage 2004) Spanische Übersetzung: Boris Kanzleiter/ Dario Azzellini (Ed.): La
Empresa Guerra, Caracas 2004 (Fondo Editorial Question).
Knut Rauchfuss Knut Rauchfuss
ist Arzt und Journalist. Er war mehrere Jahre in Lateinamerika und im Mittleren Osten tätig
und arbeitet seit der Gründung 1997 für die Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum
e.V. Dort ist er für die Menschenrechtsarbeit und unter anderem auch für die Kampagne
"Gerechtigkeit heilt" verantwortlich. Publikationen: Eine Auswahl seiner zahlreichen
Veröffentlichungen ist unter den Texten der Kampagne "Gerechtigkeit heilt" und auf der
Homepage der Medizinischen Flüchtlinghilfe Bochum zu finden.